Ambiguitäten – Fluch oder Segen?

«Ambiguität ist wie ein Chamäleon – sie zeigt sich in vielen Farben, und jede davon ist richtig.»

Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einer Kreuzung. Zwei Schilder, beide mit der Aufschrift «Stadtmitte», weisen in entgegengesetzte Richtungen – nach links wie nach rechts. Sie müssen sich entscheiden und fragen sich: «Welcher Weg ist der richtige für mich?» Willkommen in der Welt der Ambiguitäten, in der wir sowohl mit Mehrdeutigkeit als auch mit der Unsicherheit einer Wahl konfrontiert sind.

Ambiguitäten begegnen uns täglich:

  • Im Meeting sagt ein Kollege: «Das ist interessant» – klingt das nach Anerkennung oder nach subtiler Kritik?
  • Im privaten Bereich der Klassiker: «Wir müssen reden.» – Ein Satz, der alles bedeuten kann, von Heiratsantrag bis Trennung.

Solche Situationen machen deutlich: Kommunikation ist selten eindeutig. Zwischen den Zeilen lauern Unklarheiten, die leicht zu Missverständnissen führen können. Wir interpretieren, deuten, hinterfragen – und bleiben doch oft unsicher, ob wir das Gemeinte wirklich erfasst haben.

Unsicherheit zeigt sich aber nicht nur im Gespräch, sondern ebenso in Entscheidungen. «Wer die Wahl hat, hat die Qual»: Soll man das verlockende Jobangebot annehmen oder bei der sicheren Stelle bleiben? Möglichkeiten eröffnen Chancen, aber sie verlangen auch, sich festzulegen – und damit auf andere Optionen zu verzichten.

Manchmal fühlt es sich an, als hätte man zwei entgegengesetzte Stimmen in sich – wie Teile eines zerbrochenen Steins, die nur zusammen ein Ganzes ergeben. Jeder Weg scheint möglich, doch keiner eindeutig. Diese innere Zerrissenheit gehört zum Menschsein: ein ständiges Ringen zwischen den eigenen Anteilen. Um weiterzukommen, bleibt uns am Ende nur eines – eine Entscheidung zu treffen.

Ambiguität: Herkunft, Bedeutung und warum das wichtig ist

Ambiguität stammt vom lateinischen «ambiguitas» ab, was so viel bedeutet wie «Zweideutigkeit» oder «Unklarheit». Das Wort setzt sich zusammen aus «amb-» (beidseitig) und «agere» (handeln, treiben). Wörtlich heisst es also: etwas, das in zwei Richtungen geht. Und genau das beschreibt, warum Ambiguität uns manchmal verwirrt – und gleichzeitig bereichert: Sie öffnet Räume, in denen mehrere Bedeutungen nebeneinander bestehen dürfen.

«Ambiguität ist der Zauber, dass zwei Wahrheiten zugleich stimmen können.»

Warum Ambiguitäten uns herausfordern

Unser Gehirn liebt Klarheit. Mehrdeutigkeit hingegen macht nervös, weil sie Spielräume öffnet, die wir nicht sofort kontrollieren können. Kein Wunder, dass Menschen dazu neigen, vorschnell eine Bedeutung festzulegen (Vorurteile lassen hier grüssen). Das fühlt sich sicherer an, als die Unsicherheit auszuhalten.

Doch genau darin liegt die Herausforderung: Ambiguitäten lassen sich nicht einfach wegerklären. Sie sind wie kleine Stolpersteine auf dem Gehweg – man kann sie übersehen, bis man plötzlich aus dem Tritt gerät.

Ein Beispiel: Sie erhalten eine Nachricht von einer Freundin: «Wir müssen uns unbedingt bald sehen.» Klingt herzlich – aber auch ein wenig dringlich. Ist sie sauer, enttäuscht oder einfach nur voller Vorfreude? Ihr Kopf beginnt sofort, mögliche Deutungen durchzuspielen.

Diese innere Eile zur Interpretation kann helfen, schnelle Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig birgt sie die Gefahr, dass wir uns verrennen und dem anderen etwas unterstellen, was gar nicht gemeint war. Aus einem harmlosen «Das war ja spannend» im Meeting kann so schnell eine kleine Eiszeit im Kollegenkreis entstehen.

«Ambiguitäten sind die Fussnoten des Lebens – man übersieht sie leicht, bis sie plötzlich die Hauptrolle spielen.»

Der Schatz in der Mehrdeutigkeit

So anstrengend Ambiguitäten auch sind: Sie sind nicht nur Stolpersteine, sondern auch Chancen. Sie lassen uns innehalten, genauer hinhören und andere Perspektiven zulassen. In Coaching und Mediation ist das Gold wert: Mehrdeutigkeit kann Brücken bauen, wenn sie nicht als Bedrohung, sondern als Einladung verstanden wird.

Ein Beispiel: Zwei Kolleginnen streiten sich, weil die eine «flexible Arbeitszeit» als «Ich kann auch mal später anfangen», während die andere darunter «Ich arbeite abends noch E-Mails ab» versteht. Die Begriffe sind dieselben – die Bedeutungen grundverschieden. Erst im Gespräch werden die Spielräume sichtbar und verhandelbar.

Aufs Bauchgefühl hören

Ambiguitäten verlangen nicht immer nach endloser Analyse. Manchmal ist es genau richtig, dem eigenen Bauchgefühl zu vertrauen. Nehmen wir ein drastisches Beispiel: Sie bekommen aus heiterem Himmel vom Arzt ein Antiepileptikum verschrieben, das Sie für den Rest Ihres Lebens einnehmen sollen. Sie müssen entscheiden, ob Sie dem Arzt Ihr Vertrauen schenken. Sie merken jedoch: Irgendetwas in Ihnen sträubt sich – ein diffuses Unbehagen, ein innerer Alarm. Da ist es absolut legitim, diesem Gefühl nachzugehen, eine Zweitmeinung einzuholen oder mehr Informationen zu sammeln. Bauchgefühl ist kein irrationaler Gegner des Verstandes, sondern eine wertvolle innere Stimme, die auf Erfahrungen, Intuition und feine Signale zurückgreift.

«Das Bauchgefühl ist der innere Kompass, der uns zeigt, wo Zahlen und Fakten allein nicht reichen.»

Ambiguität und Entscheidungen – vom Loslassen und Dranbleiben

Ambiguitäten zeigen sich auch dort, wo wir uns entscheiden müssen – doch hier geht es weniger um Bedeutungen als um Wahlmöglichkeiten. Jede Entscheidung ist gleichzeitig eine «Ent-Scheidung»: Das eine wird gewählt, das andere bleibt zurück. Und genau hier entsteht oft das Gefühl, etwas zu verpassen.

  • Kaffee oder Tee?
  • Im Job bleiben oder doch den Wechsel wagen?
  • Wohnung in der Stadt oder lieber ein Häuschen auf dem Land?

Jede Wahl bedeutet auch, eine Möglichkeit loszulassen. Das kann natürlich Angst bereiten. Dabei gibt es zwei weitere Möglichkeiten: Wir dürfen nämlich «sowohl als auch» und «weder noch» denken. Wir dürfen eine Richtung einschlagen – und Plan B im Hinterkopf behalten. Hat es nicht geklappt, fangen Sie einfach erneut mit einer aktuellen Auslegeordnung an. Oder wir entscheiden uns für etwas ganz anderes.

Manchmal hilft es, einfach etwas auszuprobieren, anstatt ewig zu grübeln. Wer heute Kaffee wählt, darf morgen Tee trinken. Wer eine Stelle annimmt, kann sich in einem Jahr neu orientieren. Und wer sich für einen Ort entscheidet, kann den anderen dennoch im Herzen behalten.

«Jede Entscheidung ist ein kleiner Abschied – aber auch eine Einladung zum Neubeginn.»

Strategien im Umgang mit Ambiguitäten

Ambiguitäten verschwinden nicht, nur weil wir sie ignorieren. Aber wir können lernen, ihnen mit mehr Leichtigkeit zu begegnen. Drei Ansätze haben sich besonders bewährt:

  • Gelassenheit üben: Nicht jede Mehrdeutigkeit muss sofort aufgelöst werden. Stellen Sie sich vor, jemand schreibt Ihnen «Wir müssen uns bald austauschen». Anstatt sofort in Alarmbereitschaft zu verfallen, gönnen Sie sich einen Moment Abstand. Vielleicht klärt sich vieles von selbst, wenn Sie den Kontext abwarten. Gelassenheit bedeutet nicht Passivität, sondern die Fähigkeit, Unsicherheit für eine gewisse Zeit auszuhalten.
  • Nachfragen: Ein einfacher Satz wie «Wie genau meinen Sie das?» kann Türen öffnen und Missverständnisse verhindern. Oft trauen wir uns nicht nachzufragen, weil wir nicht «dumm dastehen» wollen. Doch in Wahrheit zeugt genau dieses Nachhaken von Klarheit und professioneller Kommunikation – ob im Teammeeting oder im privaten Gespräch.
  • Humor nutzen: Ambiguitäten haben manchmal etwas herrlich Absurdes. Wer es schafft, da gemeinsam zu schmunzeln, löst Spannungen und schafft Nähe. Beispiel: Zwei Personen verstehen unter «bald» völlig Unterschiedliches. Ein Lächeln und der Satz «Aha, dein ‹bald› ist wohl eher nächste Woche; meins war heute Nachmittag» kann die Situation sofort entspannen. Humor verwandelt Unsicherheit in Gemeinsamkeit.

«Wer Ambiguität tanzen lässt, entdeckt, dass Unsicherheit auch Leichtigkeit bedeuten kann.»

Fazit

Ambiguitäten sind wie das Salz in der Suppe: in der richtigen Dosis bringen sie Würze, in Übermass machen sie das Leben schwer verdaulich. Entscheidend ist, wie Sie mit ihnen umgehen: als Stolperstein oder als Einladung, die Welt differenzierter wahrzunehmen.

→ Solche Situationen gehören zum Leben dazu. Wenn Sie merken, dass Ambiguitäten in Ihrem Alltag eher Stress als Bereicherung sind, dann lohnt sich ein Blick von aussen. Genau hier können Coaching und Mediation unterstützen: Sie schaffen Klarheit, eröffnen neue Perspektiven und helfen, tragfähige Entscheidungen zu treffen. So finden Sie die Möglichkeit, diese Mehrdeutigkeiten zu sortieren und eigene Wege im Umgang damit zu entwickeln – ganz ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit Humor, Tiefgang und einer Portion Gelassenheit.

Zwischen Unsicherheit und Wahlfreiheit liegt immer auch eine Chance. Gerne begleite ich Sie dabei, diese für sich nutzbar zu machen. Melden Sie sich bei mir.

Eine gekonnte Kommunikation mit sich selbst und anderen ist zentral für
Klarheit, Harmonie und wirkungsvolles Handeln – das A und O!

→ Lassen Sie sich mittels CoachingMediation, Walk & Talk oder Training darin unterstützen, konstruktive Lösungen zu finden und Ihre persönliche sowie berufliche Entfaltung voranzubringenn.

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